Ein Interview mit dem Ur-Vater aller bloggenden Handwerksmeister: Ludger Freese.
Geschrieben von Volker Geyer am
Es gibt wenige Vorbilder die ich habe. Fleischermeister Ludger Freese ist eines davon!
Und dies, obwohl ich seit 18 Jahren Vegetarier bin :-)
Ludger Freese:
Moin Volker,
gerne komme ich Deinem Wunsch nach und antworte auf Deine Fragen – obwohl man zu jedem Punkt fast 3-Seiten schreiben könnte. Ich schreibe also nur in Kurfassung.
Ludger, wann hast Du damit begonnen, einen Web-Blog zu schreiben und warum?
Ich war vorher Gastautor im Fleischer-Blog und im Business-Blog von innovativ-in. Die Berichte kamen immer gut bei dem Lesern an, so dass ich bald mit einem eigenen Blog gestartet bin. Vor allen Blogaktivitäten, hatte ich im Web eine Art „Forum“ mit dem Titel „Talk-Pfanne“ (Die Pfanne hat auf Fragen der Besucher geantwortet)
Mit meinem Blog „Essen kommen!“ bin ich im März 2007 gestartet. Mir hat es einfach Spaß gemacht, mich mitzuteilen und anderen einen kleinen Nutzen zu bieten. Der Start war optimal und es lief sofort richtig gut, weil ich im Vorfeld schon bei vielen Blogs meine Kommentare hinterlassen habe. So bin ich gleich weitergereicht worden.
Welchen Stellenwert nimmt Dein Web-Blog in Deinem Marketing-Mix ein?
Mein Blog ist im meiner Social Media Arbeit das „Kronjuwel“. Das Blog ist meins, nichts geht verloren, alles bleibt zu lesen, ich kann mich voll entfalten und nutze Facebook, Twitter, Google+, Pinterest, Youtube, Fourquare und Qype zur Verbreitung der Blogberichte. Selbst meine Webseiten kommen mit dem Blog nicht mit, weil sie nicht so aktuell sein können.
Wie oft schreibst Du Beiträge in Deinen Blog, über welche Themen schreibst Du?
Ich schreibe über alles, was mir in den Sinn kommt, was mich bewegt, was gut gelaufen ist, was weniger gut gelaufen ist und was dem Leser von Nutzen ist. So gibt es Rezepte und viele Hintergrundberichte, über Mitarbeiter, der Region oder Kollegen. Ich versuche einen Mix zu schaffen über Länge, Videos, Lustiges, Personen, Produkte usw. Was gar nicht geht, ist offenen Werbung oder Preiswerbung. Das will der Leser nicht. Ich will nur unterhalten und erreiche so, dass meine Berichte auch weiter geschickt werden. Ich schreibe mehrmals die Woche...fast täglich. In jüngster Zeit schaffe ich aber nur noch zwei bis drei Berichte in der Woche. Wichtig ist ein regelmäßiges Schreiben, damit der Besucher auch verlässlich wieder kommt. Ich habe bisher 1372 Artikel geschrieben, zu denen 7500 Kommentare geschrieben wurden.
Wie viele Leser verzeichnet Dein Blog mittlerweile?
Jeden Morgen checke ich zuerst die Besucherzahlen, die Herkunft, die Zugriffe etc. Wir liegen heute bei 2500 – 3000 Besucher am Tag (850.000/Jahr) und bei fast 1,7 Millionen Seitenaufrufen im Jahr. Die Steigerung ist enorm gewesen (+480%) Durch das Blog bin ich in Suchmaschinen überall auf Topplätzen
Wie viel Kundengeschäft bringt Dein Blog ein, direkt oder indirekt?
Direkte Geschäfte sind über unseren Onlinehandel messbar. Die Zahlen sind sehr stark angestiegen und werden immer mehr. Weiter kommen sehr viele Leute zu uns, die wir nur übers Netz kennen. Sie fahren in den Norden und machen einen Abstecher zu uns ins Restaurant oder kaufen dann auch noch ein. (Abfahrt von der A1 nur 7 km). Und wir sind für neue Fachkräfte dadurch sehr attraktiv geworden!
Indirekt: Imagegewinn, Einladungen zu TV-Sendungen, Studenten schreiben ihre Masterarbeit über uns, Buchveröffentlichungen, Geschenke, Urlaub, neue Freunde, Umsatzsteigerung, Einladungen zu Vorträgen als Referent, neue Produkte, neue Geschäftsfelder, Presseberichte usw.
Welchen Tipp kannst Du Handwerkskollegen/-innen, Unternehmer/-innen und Freiberufler/-innen zum Thema Web-Blog mit auf den Weg geben?
Wir alle leben von Menschen, wir arbeiten für Menschen und wir kommunizieren mit Menschen. Nur wer es versteht, den mündigen und aufgeklärten Kunden authentisch, offen, ehrlich, respektvoll und humorvoll zu begegnen wird auch Aufträge bekommen. Dabei ist der Preis oft gar nicht mehr entscheidend, denn wenn der Kunde das Gefühl hat, der Anbieter ist aktuell, er zeigt dieses, wird er in Zukunft Aufträge bekommen.
Beobachten Sie bitte ihr eigenes Webverhalten, wenn Sie eine Anschaffung tätigen möchten, ein Hotel suchen oder neue Mitarbeiter einstellen wollen. Wie gehen Sie vor? Sehen Sie ... genauso macht es Ihr Kunde auch. Wenn Sie hier glänzen und gute Kommentare bekommen, Empfehlungen von wildfremden Menschen erhalten. werden Sie am Markt bestehen können. Wenn sie es nicht machen, Ihr Mitbewerber wird es Ihnen vormachen! Warten Sie nicht! Fangen Sie an! Es ist total einfach!!!
Danke Ludger
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Volker Geyer
Lieber Herr Fieber,
vielen Dank für Ihren Beitrag. Ich bin völlig Ihrer Meinung: Ein Blog darf ruhig auch Geld verdienen, er verschlingt ja auch einiges davon. Wir beschäftigen uns gerade damit, unser Blog auf "Geld verdienen" ein- und umzustellen.
Viele Grüße für Sie
Volker Geyer
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Ludger Freese
Moin Herr Fieber, lieber Volker,
es mag für den einen oder anderen Handwerksberuf einfacher sein, Geld im Onlineshop zu verdienen. Das liegt nun einmal an den Produkten. Dennoch lohnt sich bloggen und Social Media für alle Berufsgruppen. Sie können hier hervorragend Ihre Zielgruppen ansprechen und sich fachlich profilieren. Gerade als Fliesenleger kann man hier Kompetenz aufbauen. Bodenmuster, Fliesenauswahl, Kundengespräche, Problemlösungen am Bau, zufriedene Kunden, Billiganbieter und die Gefahren, Do-it-yourself Tipps, Beratung, Mitarbeitervorstellung, einen ganzen Bau übers Blog begleiten, Energieeinsparung, behördliche Sache, Ausbildung zum Fliesenleger, kreative Aufgaben, besonderes Lob eines Kunden, Videos, Besuch beim Hersteller in Italien usw...Die Kette der Möglichkeiten ist unerschöpflich und wenn sie es schaffen hier Kompetenzen zu gewinnen, werden sie ganz sicher noch mehr Aufträge bekommen und der Kunde ist bereit mehr zu zahlen. Wir alle leben von und mit Menschen. Das Ergebnis in echten „Euros“ dauert oft...es wird aber kommen! (auch ohne Shop! :-) )
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Volker Geyer
Danke Ludger,
für Deinen Erfahrungsbericht. Ich finde, ein Blog darf sowohl über passende Werbevermarktung, als auch über neue Aufträge Einnahmen generieren. Wir erzielten in 2011 unglaubliche 67% unseres gesamten Firmenumsatzes über unser Internetmarketing. Unser Blog ist dabei nicht der einzige Baustein, aber ein wichtiger. Heike Schauz macht auch 50% Umsatz über Ihr Blog, schreibt sie im Interview. Mit einem Blog Einnahmen zu generieren ist also durchaus keine Ausnahme. Mit Deinen Inhalten im obigen Beitrag triffst Du genau meine Einstellung und Erfahrung zu diesem Thema.
Viele Grüße
Volker
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Sascha Trynoga
Also werden wir hier demnächst Werbepausen sehen? Nein, kleiner Scherz. ;)
Ich finde, und stimme Herrn Freese vollkommen zu, dass die Wertschöpfung durch Blog, SocialMedia und Internetmarketing allgemein ein langfristiger Prozess ist.
Wer von Heute auf Morgen Ergebnisse erwartet, wird unzufrieden und verliert die Lust daran. Durchhalten, sein Ding durchziehen, das ist der richtige Weg.
Mir macht es obendrein noch riesigen Spaß... (und auch dieses Jahr ca. 40% Umsatz durch das Internet. Ohne Onlineshop.)Und wir "verkaufen" online dennoch etwas: die Menschen hinter dem Firmenlogo.
Und das kommt gut an, das macht uns authentisch.
Zitat Kunde: "Nachdem ich Ihren Blog gelesen habe, war mir klar: der bekommt den Auftrag, der ist sympathisch!"Also, weitermachen! Ich lese gerne mit. :)
Grüße aus Wuppertal
Sascha Trynoga
Hallo Herr Geyer,
hallo Herr Freese,
das ist mal wieder sehr vorbildlich. Das Interview hat mir sehr gut gefallen und das Blog von Herrn Freese kenne ich auch schon längere Zeit. Doch eins kann ich nicht ganz teilen. Warum sollte man sein eigenes Blog nicht Monetarisieren? Ein Fleischer hat es da natürlich besser und kann diese mühevolle Arbeit über einen eigenen Webshop wieder gut machen. Auf der einen Seite zeigt man seinen Bloglesern und Internetbesuchern, dass man Ahnung hat und erhält vielleicht dadurch weitere Kunden im eigenen Einzugsgebiet. Doch ein Malerbetrieb oder Fliesenlegerbetrieb kann in der Regel nichts im Internet verkaufen, weil er direkt bei seinen Kunden arbeitet. Was aber wenn man in einem kleinen Dorf wohnt und nicht in einer Großstadt oder direkt an einer Autobahn? Und wer möchte schon Fliesenpakete oder Farbeimer im Internet verschicken?
Ich sehe das daher etwas anders und ein kleines Zubrot hat noch keinem geschadet.
Freue mich aber immer über einen interessanten Austausch und wünsche allen Bloggern weiterhin viel Erfolg.
Freundliche Grüße
Thomas Fieber